Wasserstoff kann eine zentrale Rolle bei der
Dekarbonisierung der Energiesysteme spielen. Insbesondere erdgasbefeuerte Gas-
und Dampfturbinen (GuD)-Kraftwerke, die derzeit gebaut oder projektiert werden,
sollen in Zukunft auch teilweise oder vollständig mit Wasserstoff betrieben
werden. Energieversorger, die den Kauf eines solchen Kraftwerks erwägen,
erwarten eine Zusage über die Eignung des Kraftwerks, Wasserstoff als
Brennstoff zu verwenden. Einige neue GuD-Kraftwerke werden bereits heute als „H2-Ready“
beworben. Bislang gab es jedoch keine klare Definition für diesen Begriff.
„Unser Leitfaden ermöglicht es OEMs,
Anlagenbetreibern oder Versicherern, eine standardisierte, transparente Richtlinie
anzuwenden“, erläutert Reiner Block, CEO der Division Industry Service von TÜV
SÜD. „Die Zertifizierung umfasst ein
komplettes Kraftwerk mit all seinen relevanten Teilsystemen.“ Dabei wird nicht
ein bestehendes Kraftwerk als „H2—Ready“ zertifiziert, sondern ein Fahrplan
beschrieben, wie es im Laufe der Zeit auf die Beimengung von Wasserstoff oder
sogar auf die Verbrennung von reinem Wasserstoff umgerüstet werden kann.
Aus diesem Grund umfasst die Zertifizierung
eines GuD-Kraftwerks drei Stufen: Erstens ein Concept Certificate für die
konzeptionelle Auslegung (einschließlich der Randbedingungen) während der
Ausschreibungsphase; zweitens ein Project Certificate für die Umsetzungsphase,
d. h. die endgültige Anlagenauslegung und ihre Spezifikationen; und drittens
ein Transition Certificate für die Umrüstung eines gebauten GuD-Kraftwerks auf
Wasserstoffverbrennung - einschließlich einer Überprüfung der
Nachrüstungsmaßnahmen und ihrer Auswirkungen auf Sicherheit und Leistung.
„Wasserstoff ist ein wichtiger Baustein für
die Dekarbonisierung der Energieversorgung. Ein unabhängiges Zertifikat schafft
Sicherheit für Investitionen. Wir sind stolz darauf, der erste Hersteller zu
sein, der diese wichtige Zertifizierung erhält“, so Karim Amin, Executive Vice
President Generation bei Siemens Energy. „Wenn wir GuD-Anlagen heute für den
späteren Betrieb mit Wasserstoff auslegen, können sie nicht nur als
Brückentechnologie in eine CO2-freie Zukunft dienen, sondern auch
langfristig einen wichtigen Beitrag zu einer zuverlässigen und bezahlbaren
Stromversorgung leisten.“
Um die ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen,
sind Wasserstoffkraftwerke nicht nur in Form von GuD-Kraftwerken denkbar. Die
vom TÜV SÜD angebotene Zertifizierung lässt sich auf eine Vielzahl von Lösungen
übertragen. Siemens Energy bietet bereits heute Hybridlösungen mit
Wasserstofferzeugung, -speicherung und -rückverstromung an. Das Unternehmen ist
derzeit am Bau mehrerer Kraftwerke beteiligt, die teilweise oder vollständig
mit Wasserstoff befeuert werden sollen.